INYO RYU KARATE e.V., DÜSSELDORF
Inyo Ryu Kempo Karate Jitsu Do
Übersetzung
- Inyo: japanische Bezeichnung für das chinesische Ying/Yang. Symbolisiert die gegensätzlichen, sich jedoch ergänzenden Pole allen Seins (Sonne + Schatten, links + rechts, hart + weich). Yang bezeichnet die positive Kraft des Universums; Ying das negative Prinzip. Selbstverteidigungs- und Tötungstechniken.
- Ryu: Fachrichtung, Stilrichtung, Schulungsmethode, Tradition.
- Kenpo (Kempo): japanisch/okinawanische Bezeichnung für den chinesischen Ursprung ‚Quanfa‘. Es bedeutet „Weg der Faust“ und wurde ursprünglich für das okinawanische Karate gebraucht.
- Kara te: leere Hand / fremde, chinesische Technik
- Jitsu: Technik, das handwerkliche Können, Taktik, Überlegung
- Do: Weg, Pfad, Grundsatz, Lehre, Philosophie, Richtung, Prinzip, Methode etc. Do ist ein Weg, in dessen Zentrum die Übung steht; deren Ziel ist jedoch nicht das Erlernen irgendeiner Fertigkeit, sondern das Erweitern des im Menschen liegenden Potentials.
Der Vorstand des Inyo Ryu Karate Vereins besteht zur Zeit aus:
- 1. Vorsitzender: Marco Senger,
- 2. Vorsitzender: Dirk Reißmann und
- Kassenwart: Norbert Wüsthoff
Die Geschichte
Gegründet wurde die Stilrichtung 1963 in Kyoto von Ryuso (Gründer) Seiji Hirayama, 10. Dan (13.03.1922 – 25.06.2002). In alter Tradition wissen nur die ältesten Schüler Details seiner eigenen Ausbildung. Soweit bekannt, erlernte Hirayama Sensei Karate bei einem in Japan lebenden chinesischen Meister; die Stilrichtung hieß ‚Juji Kenpo‘ (Juji = Kreuz). Das Element des Kreuzes findet sich in vielen Bewegungen und Techniken des Inyo Ryu Karate wieder.
In seiner Jugend verbrachte der Großmeister regelmäßig Wochen in den Bergen, wo er seine Techniken mit den Elementen der Natur (Steine, Wasser etc) entwickelte und trainierte. Das Leben im Einklang mit der Natur ist ein wichtiger Bestandteil seiner Lehre. Hirayama Sensei schloss damit auch an die ursprünglichen, okinawanischen Trainingsmethoden an. Traditionell besteht daher im Honbu-Dojo auch das erste Training zu Beginn eines Jahres darin, die Techniken im eisigen Wasser eines Flusses oder Sees stehend zu üben. Seine speziellen Techniken entwickelte Hirayama Sensei während einer längeren Krankheit: er überlegte, wie er einen Gegner, der wesentlich größer und stärker war als er, besiegen könne. Nach seiner Genesung übte er diese Techniken immer wieder und perfektionierte sie soweit, dass er auch den kräftigsten Gegner besiegen konnte.
Das Inyo Ryu Kenpo Karate Jitsu Do ist eine in Japan weit verbreitete Stilrichtung; Schüler Hirayamas haben ihre eigenen Schulen in verschiedenen Städten gegründet. Das Honbu-Dojo (Zentral-Dojo) befindet sich in Kyoto; noch bis kurz vor seinem Tod überwachte SoShihan (Großmeister) Hirayama regelmäßig das Training seiner Schüler. Das Honbu-Dojo wird seit dem Tod des Großmeisters von dessen Sohn Hiroyuki geleitet. Neben dem Honbo Dojo gibt es Schulen von „Altschülern“ in Gifu, Kyoto und weiteren japanischen Städten. Außerhalb Japans gibt es Schulen in Neuseeland, Neukaledonien, den USA, Griechenland und Deutschland.
Aus der Gruppe der direkten Schüler des Großmeisters war Shihan Kazunari Hiura, 9. Dan, der weltweit höchste Dan-Träger. Aus der zweiten Linie der Schüler stammend (d.h. zu Beginn seines Trainings hatte er noch Sempai) ist Hiura Sensei heute der älteste und einzige, der noch aktiv trainiert und unterrichtet. Der ehemalige Rugby-Spieler der japanischen Nationalmannschaft begann mit 19 Jahren den Weg des Karate. Er schaute sich verschiedene Karate-Schulen an bis er mit 21 Jahren in Seiji Hirayama den Meister fand, der seine Idee von Karate-Unterricht verwirklichte. In den ersten Jahren seiner Ausbildung trainierte er an 365 Tagen im Jahr im Honbu-Dojo und legte nach nur 2 Jahren die Prüfung zum 1. Dan ab. Bei Vorführungen seiner Techniken wählte Hirayama Sensei ihn mit Vorliebe als Partner. Meist waren diese Demonstrationen recht schmerzhaft und verliefen auch nicht immer unblutig; allerdings durfte sich Hiura auf Weisung des Großmeisters nichts anmerken lassen, um die Zuschauer nicht zu erschrecken.
Mitte der 1970er Jahre schlug der Großmeister Hiura vor, als sein Vertreter das Inyo Ryu Karate in Deutschland bekannt zu machen. So kam er, nach einem abenteuerlichen Flug mit einer russischen Militärmaschine, 1975 in Düsseldorf an und begann Inyo Ryu Karate in einer Schule an der Liebigstraße zu unterrichten.
Dies war die Zeit kurz nach Bruce Lee; Koteletten und wilde Mähnen trugen nicht nur Fußballer.
Nach wenigen Jahren, in denen sich Sensei Hiura in die japanische Kolonie in Düsseldorf einlebte, gründete er nach der Lehrtätigkeit auf der Liebigstraße seine eigene Schule und gab ihr den Namen Seiryu – Kan (Kan = Schule; Seiryu = der blaue Drache des Ostens; wird in Kyoto als eine von vier Schutzgöttern in einem Extratempel verehrt).
Um dem Wunsch des Großmeisters, die Einheit der Stilrichtung deutlich zu machen, Folge zu leisten, benannte er den neuen Verein jedoch zu Inyo Ryu Karate e.V. Düsseldorf um.
Zur weiteren und schnelleren Verbreitung gab es schon bald eine Uniabteilung, aus der sich später ein eigener Verein entwickelte.
Dadurch gab es regelmäßige (zweimal pro Jahr) interne Vereinsturniere mit immer wieder wechselnden Siegern und der sogenannte Inyo Ryu Cup wurde dadurch eingeführt.
Aber auch Wettkämpfe mit anderen Sportschulen (unten Wettkämpfer bei Sensei Ogawa)
standen an; später auch – betreut durch Damir Milicevic – Kumiteteilnahme bei DKV Tunieren und anderen Karateverbänden.
Aber auch sonst wurde Kumite groß geschrieben und bei fast jedem Training betrieben…
Daneben gab es nicht nur Karate, sondern – um über den Tellerrand zu blicken – Sensei Hiura gründete eine Kobudo Gruppe (okinawanischer Waffenkampf) gegründet, die bis heute Bestand hat, inzwischen – nach dem Tod von Sensei Hiura – aber eigenständig unter dem Namen Kazukan e.V. firmiert. Der Name Kazukan bedeutet – frei übersetzt – Trainingshalle von Kazunari Hiura.
Später kamen öffentliche Auftritte, so z.B. bei den Japanwochen 1985 bei Karstadt hinzu:
oder Messeauftritte bei der „Fit und Aktiv“ im Aug 1989
2002 kam es zu einem gemeinsamen Auftritt der Kobudo Abteilung mit der Karateabteilung beim Fuji Tag auf der Grafenberger Trabrennbahn, bei denen auch Tameshiwari (=Bruchtests) auf der Tagesordnung verzeichnet waren.
Höhepunkt war sicherlich der erste Inyo Ryu Cup 1999 zum 25 jährigen Bestehen des Vereins, der durch den Besuch von Seji Hirayama geehrt wurde.
Einige Impressionen:
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Fast schon natürlich war auch die Teilnahme am Japantag von Anfang an (2002) durch beide Abteilungen; später dann nur noch durch die Kobudo Vereinsgruppe; die sich – nach Senseis Tod im Jahre 2008 – als selbstständiger Verein etablierte.
Weitere Vereine folgten in näherer (Deutschland) oder weiterer Entfernung (Schweiz, Griechenland, Australien, USA) mit und leider teilweise auch ohne offizielles Erlaubnis von Sensei Hiura wurden gegründet und zeigen, dass der Gedanke Inyo Ryu überzeugt, auch wenn die Form manchmal zu wünschen übrig lässt.
Shihan Hiura war durch Großmeister Hirayama als offizieller Vertreter des Inyo Ryu Kenpo Karate Jitsu Do in Europa benannt worden und deshalb viel innerhalb und außerhalb Deutschlands unterwegs.
Bei allen Aktivitäten innerhalb Deutschlands ließ sich unser Sensei es nicht nehmen, einmal im Jahr in sein Heimatland nach Kyoto zu fliegen, um bei seinem Lehrer zu trainieren, seine Technik zu perfektionieren und gemeinsame, neue Katas zu kreieren (s. unten).
Dabei durften seine Schüler häufig den dortigen Dojoalltag hautnah erleben oder ihnen wurde die Ehre zuteil, an Wettkämpfen (auch in Okinawa) teilzunehmen .
Eine der letzten Reisen zum 80. Geburstag von Großmeister Seji Hirayama fand im April 2002 statt, von denen auch die örtliche Presse Notiz nahm.
Die ältesten Schüler von Shihan Hiura, die ihn bis zu seinem Tode begleitet haben, sind:
- Shihan David Gordon Tansey, 5. Dan (Jun Shihan)
- Chris von Reitzenstein, 3. Dan
- Aldo Madau, 3. Dan
- Dirk Reißmann, 2. Dan
Nach dem Tode von Sensei Hiura und seiner langen Krankheit, die er sich nicht anmerken lassen wollte, die ihn aber naturgemäß in seinen Aktivitäten im Dojo einschränkte, hat der jetzige Vorstand die schwierige Aufgabe übernommen, sein Erbe weiterzuführen. Unterstützt werden wir dabei von seiner Frau und diversen japanischen Besuchern, die uns neue Techniken zeigen und uns bei der Ausübung der alten Techniken und Katas beratend zur Seite stehen; aber auch von alten japanischen Weggefährten aus Düsseldorf.
Dafür sagen wir allen DANKE!
Den Namen Seiryu – Kan dürfen heute als besondere Auszeichnung lediglich die Dan-Träger des Inyo Ryu Karate Vereins tragen.
Der Stil
Die Besonderheiten unserer Stilrichtung werden durch den Begriff ‚Inyo’ ausgedrückt. Im Gegensatz zu anderen Karateschulen beginnen unsere Techniken meistens weich und locker und enden erst im letzten Moment mit Härte und Kraft (Kime). Dies ermöglicht größere Geschwindigkeiten und die Kraft kann über einen größeren Zeitraum besser eingeteilt werden. Im wechselnden Rhythmus und Bewegungen der Kata werden die Gegensätze deutlich; immer wieder wechseln die Geschwindigkeiten.
Häufig bilden Arme / Hände zu Anfang der Abwehrtechniken ein Kreuz.
Wir lernen derzeit 10 Kata, sowie drei Goju-Ryu Katas; in den alten Aufzeichnungen des Großmeisters befinden sich jedoch noch wesentlich mehr Entwürfe für weitere Kata. Leider sind diese Aufzeichnungen jedoch in alter Schrift und zum Teil nur in Stichpunkten, so dass eine zukünftige Erarbeitung dieser Kata, soweit sie die Überlegungen von SoShihan Hirayama authentisch wiedergeben sollen, wohl schwierig werden wird.
Die aktuellen Kata sind:
Name | Herkunft / Urheber | |
Juji Tsuki | Hirayama | Übungskata |
Juji Geri (erste Form) Juji Geri (zweite Form) |
Hiura/Hirayama | Übungskata |
Oi Tsuki Rendogi | Hirayama | |
Si Ho Shin | Hirayama | Bruchtestkata |
Inyo Sho Dan | Hirayama | |
Inyo Ni Dan | Hirayama | |
Hokei | Hirayama | |
Ko Ryu | Hirayama | |
Un Ryu | Hirayama +Hiura | |
In Ho | Hiura |
Damit die Ausführungen der Kata auch in Zukunft einheitlich und korrekt sind, wurden sie im Sommer 2001 unter Supervision des Großmeisters von seinem Sohn und Hiura Sensei vorgeführt und auf Video aufgezeichnet.
Dies betrifft die Kata bis einschließlich der Un Ryu. Diese Kata wird erst seit dem Jahr 2002 gelehrt. Sie entstand durch die alten Aufzeichnungen Hirayama Senseis und wurde von ihm noch in seinem letzten Lebensjahr in Zusammenarbeit mit Hiura Sensei weiter ausgearbeitet und festgelegt.
Die Kata ‚In Ho’ entstand nach dem Tod des Großmeisters; ihre Entwicklung war die letzte Aufgabe, die er Shihan Hiura gestellt hatte.
Die Übung der ‚alten Techniken’ vermitteln den fortgeschritteneren Schülern besondere Abwehrtechniken, die Großmeister Hirayama entwickelt hat. Hierbei ist es besonders wichtig, dass man in den Angriff hineingeht bzw. einem Angriff nur soweit ausweicht, dass nur eine geringe Distanz zum Gegner entsteht. Hat man den Angriff dann zunächst einmal abgewehrt, wird der Gegner aufgrund der Nähe Schwierigkeiten haben einen weiteren Stoß, Schlag oder Tritt zu setzen. Selber hat man dadurch jedoch den Gegner unter Kontrolle und kann direkt kontern.